Der Buddhismus in Thailand: Grundlagen der Theravada-Lehre
Die vorherrschende Religion im Königreich Thailand ist der Theravada-Buddhismus (oft als Hinayana-Form bezeichnet), dem etwa 95 % der Bevölkerung angehören. Diese buddhistische Tradition ist auch in den benachbarten Ländern wie Laos, Kambodscha, Myanmar und Sri Lanka tief verwurzelt.
Die Geschichte des Erleuchteten (Buddha)
Der Buddhismus basiert auf den Erkenntnissen von Siddhartha Gautama, einem Fürstensohn, der um 543 v. Chr. im indisch-nepalesischen Grenzgebiet geboren wurde. Im Alter von 29 Jahren entschloss sich Gautama, das Leben im höfischen Luxus, seine Frau und sein Kind hinter sich zu lassen, um eine Antwort auf das menschliche Leiden zu finden.
Nach Jahren der religiösen Disziplin und vergeblicher Suche erfuhr er schließlich unter einem Bodhi-Baum (Feigenbaum) in tiefer Meditation die Erleuchtung. Mit dieser Erkenntnis wurde er zum Buddha (“der Erleuchtete”), der die Ursachen und den Weg zur Beendigung des menschlichen Leidens erkannt hatte.
Die Vier Edlen Wahrheiten und der Achtfache Pfad
Buddhas Lehre baut auf vier grundlegenden Edlen Wahrheiten auf:
| Wahrheit | Pali-Begriff | Bedeutung |
| Erste Wahrheit | Dukkha | Alles Leben ist mit Leiden verbunden. |
| Zweite Wahrheit | Samudaya | Die Ursache dieses Leidens liegt in Gier, Begehren und Verlangen. |
| Dritte Wahrheit | Nirodha | Das Ende des Leidens kann durch die Zerstörung des Begehrens erreicht werden. |
| Vierte Wahrheit | Magga | Der Weg zur Zerstörung der Begierden ist der Edle Achtfache Pfad. |
Der Achtfache Pfad dient als praktischer Leitfaden zur Erleuchtung (Nirvana) und umfasst die rechte Ausrichtung in den Bereichen Erkenntnis, Denken, Rede, Taten, Lebenserwerb, Bestrebung, Aufmerksamkeit und Konzentration. Tugenden wie Selbstbeherrschung, Bescheidenheit und Großzügigkeit sind dabei von höchster Wichtigkeit und prägen bis heute die thailändische Kultur.
Die Spaltung: Theravada und Mahayana
In den Jahrhunderten nach Buddhas Tod spaltete sich die Lehre in zwei Hauptströmungen:
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Theravada (Lehre der Ältesten / Hinayana – Kleines Fahrzeug): Dies gilt als die ursprüngliche und orthodoxe Richtung. Sie orientiert sich streng an den in Pali verfassten Schriften und konzentriert sich auf die individuelle Erlösung des Einzelnen, die zur Befreiung von der Wiedergeburt (Nirvana) führt. Diese Schule ist die vorherrschende Form in Thailand.
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Mahayana (Großes Fahrzeug): Diese Richtung idealisiert die Bodhisattvas – Wesen, die die eigene Erlösung zugunsten des Strebens nach dem Heil aller fühlenden Wesen aufschieben. Der Mahayana-Buddhismus fasste vor allem in Ostasien (China, Japan) Fuß.
Historische Entwicklung in Thailand
Der Hinayana-Buddhismus erreichte das Gebiet des heutigen Thailands bereits im 3. Jahrhundert v. Chr. durch indische Einflüsse und wurde von den dort siedelnden Mon-Völkern übernommen (Reich von Dvaravati).
Als die Thai-Völker später in das Gebiet vordrangen, übernahmen sie die Religion. Mit König Rama Khamheng wurde der Hinayana-Buddhismus zur Staatsreligion erklärt, was eine Blütezeit der Tempelkunst und des religiösen Lebens einleitete.
Im 19. Jahrhundert reformierte König Mongkut (Rama IV.) den Buddhismus und gründete den streng orthodoxen Orden Thammayut Nikai. Seitdem spalten sich die thailändischen Mönche in diesen Orden und den Maha Nikai (den “Großen Orden”).
Die Mönchsgemeinschaft (Sangha)
Alle buddhistischen Mönche und Novizen in Thailand unterstehen dem Sangha, einem von einem buddhistischen Rat geleiteten Dachverband. Der Sangha überwacht die strikte Einhaltung der Theravada-Regeln und gliedert sich in:
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Bhikkhus (voll ordinierte Mönche)
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Samaneras (Novizen)
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Dek Wat (Tempeljungen, die Hilfsdienste leisten, aber nicht ordiniert sind)