Mae Chi und Bhikkhuni: Die Rolle der buddhistischen Nonnen in Thailand

 

Die weibliche Ordination in der thailändischen Theravada-Tradition ist historisch komplex. Während schätzungsweise über 300.000 männlichen Mönchen (Bhikkhus) gegenüberstehen, gibt es nur etwa 15.000 Frauen, die ein religiöses Leben führen. Man unterscheidet hierbei zwischen verschiedenen Graden der Ordination.

 

Die Rolle der Mae Chi

 

Die Mae Chi (auch Maechi oder Mae Ji) ist die bekannteste Form der weiblichen Asketin in Thailand. Sie wird als Laien-Nonne oder “Nonne auf Zeit” bezeichnet und ist nicht offiziell im vollen Sinne ordiniert.

  • Erscheinungsbild: Mae Chis sind an ihren weißen Roben erkennbar, die Reinheit symbolisieren. Die meisten haben kurz geschorene Haare, ähnlich den Mönchen.

  • Anerkennung: Sie genießen ein gewisses Ansehen in der Gesellschaft, ihr Status ist jedoch deutlich geringer als der eines Bhikkhu (Mönch) und selbst geringer als der einer vollordinierten Nonne (Bhikkhuni), sofern diese anerkannt wird.

  • Tugendregeln (Sīla): Eine Mae Chi verpflichtet sich in der Regel zur Einhaltung der acht Sīlas (atthasīla), die über die fünf Regeln für Laien hinausgehen. Die zusätzlichen Regeln umfassen:

    • Nur eine Mahlzeit pro Tag (Fasten von Mittag bis Sonnenaufgang).

    • Verzicht auf Unterhaltung, Schmuck und Kosmetik (keine Eitelkeit).

    • Vermeidung übermäßigen Komforts (Bescheidenheit beim Schlafen).

 

Das Leben der Nonnen im Wat

 

Mae Chis leben meist in einem separaten Bereich des Wat (Kloster) und übernehmen ähnliche Pflichten wie die Mönche, jedoch mit einigen wichtigen Unterschieden:

  • Alltag: Sie stehen früh auf, praktizieren Meditation und helfen bei der Vorbereitung der Mahlzeiten für die Mönche. Sie sind stark an der Instandhaltung und Reinigung des Wat beteiligt.

  • Zeremonielle Unterschiede: Mae Chis dürfen nicht am Almosengang der Mönche teilnehmen. Sie werden von Gläubigen im Wat mit Essen und Spenden versorgt. Bei religiösen Zeremonien sitzen sie getrennt von den Mönchen, oft in der ersten Reihe der Laien.

  • Finanzen und Verwaltung: Im Gegensatz zu Mönchen dürfen Mae Chis Geld annehmen und besitzen. Dies ermöglicht ihnen, oft die Bewirtschaftung und Organisation von Veranstaltungen des Wat zu übernehmen.

  • Regeln zur Berührung: Mae Chis müssen die Regel befolgen, weder Mönche noch deren Roben zu berühren, was eine direkte Übergabe von Gaben ausschließt.

 

Nonne auf Zeit und spirituelle Gründe

 

Viele Frauen, und auch junge Mädchen, entscheiden sich, nur für eine begrenzte Zeit als Mae Chi zu leben. Häufig sind persönliche Gelübde und Schicksalsschläge der Auslöser:

  • Gelübde (Tambun): Dies geschieht oft, um Verdienste zu sammeln (Thambun), um Genesung von einer Krankheit zu danken oder um eine schwierige Lebensphase (Trauer, Trennung) zu verarbeiten.

  • Lebensausrichtung: Der Aufenthalt dient der Einkehr, der Meditation und der Suche nach dem Sinn des Lebens unter Anleitung erfahrener Mönche. Die Frauen erfüllen während dieser Zeit Aufgaben im Wat, oft in der Pflege älterer oder kranker Menschen.

  • Keuschheit: Auch “Nonnen auf Zeit” sind verpflichtet, das Keuschheitsgelübde einzuhalten, was die Berührung eines Mannes – selbst des Ehemanns oder Freundes – ausschließt.

 

Die Herausforderung der vollen Ordination (Bhikkhuni)

 

Die Frage der vollen Ordination von Frauen (Bhikkhuni) ist seit Langem ein Diskussionsthema in Thailand.

  • Fehlende Rechte: Konservative Auslegungen der buddhistischen Regeln führen dazu, dass Mae Chis weniger Rechte als Mönche haben und ihnen die volle Ordination im thailändischen Sangha verwehrt bleibt.

  • Historischer Präzedenzfall: Es gibt Überlieferungen, wonach Buddha selbst einem Nonnenorden zugestimmt haben soll, wenngleich er dessen Beständigkeit infrage stellte.

  • Entwicklung: Die Diskussion um Gleichstellung und die offizielle Anerkennung von Nonnenorden wird durch das Engagement von Frauen und Organisationen (wie dem Thai Maechi Institut) vorangetrieben.

  • Anerkennung: Nach der Wiederherstellung der vollen Nonnenordination im Theravada-Buddhismus in Ländern wie Sri Lanka im Jahr 1999 sehen sich immer mehr Frauen in Thailand bestärkt. Der Songdhammakalyani Tempel ist aktuell der einzige in Thailand, der weibliche Mönche offiziell anerkennt und von einer vollordinierten Bhikkhuni geleitet wird (Dr. Chatsumarn Kabilsingh, ordiniert in Sri Lanka, 2001).