Wan Phra – Der Uposatha-Tag: Tage der Einkehr
Der Uposatha-Tag, in Thailand als Wan Phra (วันพระ, wörtlich „Tag des Buddha“) bekannt, bezeichnet die vier heiligen Tage im buddhistischen Kalender. Diese werden durch die Mondphasen bestimmt und finden viermal monatlich statt: am Vollmondtag, am Neumondtag sowie an den beiden Viertelmondtagen (halb zunehmend und halb abnehmend).
Diese Tage sind traditionell der inneren Einkehr, spirituellen Reinigung und der Erneuerung der buddhistischen Praxis gewidmet.
Bedeutung für die Mönche (Bhikkhus)
Für die Mönchsgemeinschaft (Sangha) haben der Vollmond- und der Neumondtag besondere Bedeutung:
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Patimokkha-Rezitation: An diesen beiden Tagen wird das Patimokkha, der Kodex der 227 Trainingsregeln für Mönche, vor der versammelten Gemeinschaft rezitiert.
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Ordens-Handlungen: Für diese sogenannte Sangha-kamma (Ordens-Handlung) ist die Anwesenheit von mindestens vier voll ordinierten Mönchen (Bhikkhus) erforderlich. Sind weniger als vier Mönche anwesend, wird stattdessen eine Zeremonie zur Bestätigung der Reinheit der eigenen spirituellen Praxis durchgeführt.
Bedeutung für Laienpraktizierende
Viele thailändische Laienbuddhisten nutzen den Wan Phra, um ihre spirituelle Praxis zu vertiefen.
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Besuch des Wat (Tempel): Gläubige besuchen ein örtliches Kloster, um Verdienste zu sammeln (Dāna – Spenden von Essen), den Lehren (Dhamma) der Mönche zu lauschen und gemeinsam zu meditieren.
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Acht Tugendregeln: Praktizierende können an diesem Tag freiwillig die acht Tugendregeln (zusätzlich zu den üblichen fünf) auf sich nehmen. Dies dient als intensive Schulung in der moralischen Disziplin (Sīla).
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Fasten des Herzens: Die Tradition hat den Ursprung eines Fastentages beibehalten, weshalb oft nur bis zur Mittagszeit gegessen wird. Wichtiger ist jedoch das „Heilfasten des Herzens“, bei dem unheilsame Gedanken und Handlungen durch die Einhaltung der Tugendregeln vermieden werden.
Historischer Ursprung
Die Zusammenkünfte an den Mondtagen sind älter als der Buddhismus selbst.
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Vor-buddhistische Sitte: Die Praxis stammt ursprünglich aus der vor-buddhistischen brahmanischen Religion, in der der Upavasatha (Uposatha) ein Tag des Fastens zur rituellen Vorbereitung war. Auch andere religiöse Bewegungen nutzten diese Tage für Versammlungen.
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Übernahme durch Buddha: Auf Vorschlag des Königs von Maghada, Seniya Bimbisara, ordnete Buddha an, dass sich auch seine Jünger an diesen Tagen versammeln sollten. Zunächst trafen sich die Bhikkhus zur gemeinsamen, stillen Meditation.
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Wandel der Tradition: Da diese Stille von den Laien des Volkes als unpassend empfunden wurde, verfügte Buddha, dass die Mönche bei ihren Treffen über die Lehre sprechen sollten. Später, als der Mönchsorden wuchs und die Ordensregeln festgelegt waren, wurde das Rezitieren des Patimokkha zum festen Bestandteil der Vollmond- und Neumond-Versammlungen.
Der Wan Phra bietet somit allen Buddhisten die Möglichkeit, innezuhalten und durch die Praxis von Moral (Sīla), Konzentration (Samādhi) und Weisheit (Paññā) dem Weg zur endgültigen Befreiung (Nibbāna) näherzukommen.